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Projekt FünfSechs

Eindrücke aus dem digitalen Alltag

Projekt FünfSechs

Ein persönlicher Blick unserer Projektleitung:

„Kristina, was muss ich drücken, damit @ rauskommt?“, fragt eine Sechstklässlerin nach zehn Monaten leben und lernen im Pandemie-Modus.

Viele Menschen, die mit dem Bildungsbereich nichts zu tun haben, würden über diese Frage staunen. „Diese Generation ist ja so technikaffin!“, würde bei einigen spontan hervortreten.

Hm…, ist das so?

Leider bedeutet der Umgang mit ein paar Social-Media-Apps und mit der Spielkonsole nicht, dass man digitale Kompetenz besitzt.

Seit dem 11. Januar arbeiten wir im Projekt wieder nur digital. Man muss immer noch vielen Kindern basale Dinge erklären, damit sie an Videokonferenzen teilnehmen können. Die meisten bekommen es am Handy ganz gut hin, können sich jedoch am Laptop nicht einloggen, weil sie zum Beispiel noch nicht gut tippen können oder keine Tastenkombinationen kennen. Der kompetente Umgang mit Word ist auch ein Problem.

Die Liste der fehlenden Kompetenzen, die für eine erfolgreiche Bewältigung des Homeschoolings wichtig sind, ist sehr lang.

Es sind natürlich nicht nur die technischen. Man warf Schulen samt Lehrer*innen und Kinder ins kalte Wasser und alle versuchen, sich mehr schlecht als recht an der Oberfläche zu halten. Es ist schwer einzuschätzen, welche negativen Langzeitfolgen dieser zerknitterte, nicht vorbereitete digitale Umschwung vor allem für Kinder haben wird.

Meist fallen „technische“ Probleme unseren studentischen Lehrkräften oder der Projektleiterin zufällig auf. Ein Kind hatte zum Beispiel eine Woche lang keine Hausaufgaben, was in der Homeschooling- Zeit seltsam ist. Es stellte sich heraus, dass es sich nicht bei IServ einloggen konnte, weil sein Account gesperrt war. Der Junge wusste nicht, an wen er sich wenden soll. Die Kontaktdaten der Lehrer waren auf dem IServ gespeichert. Die Eltern konnten ihm nicht helfen, weil sie nicht genug Deutsch können.

Das Halbjahr ist fast zu Ende und in den Gruppen fällt auf, dass manche Kinder kaum Englisch lesen können. Ein Junge hatte besonders große Schwierigkeiten. Dieser Junge verbrachte in diesem Schuljahr etwa 30 Tage in der Schule. Er musste 9mal den Corona-Test machen, war kein einziges Mal positiv und verbrachte mehr Zeit in Quarantäne als in der Schule. Es ist selbstverständlich, dass er nicht Englisch lesen kann. Weil zuhause niemand Englisch spricht, konnte der Junge das auch nicht lernen. In der Nachhilfezeit können wir die Problematik aufgrund ihrer Massivität kaum auffangen.

Es gibt noch viele andere Kinder, die aus unterschiedlichen, nicht von ihnen abhängenden Gründen nicht produktiv lernen können.

Die einzige Hoffnung, die bleibt, ist dass die Pandemie bald vorbei ist und solche Kinder nicht fallen gelassen werden, als Kollateralschaden der Corona-Zeit. Hoffentlich sucht das Bildungssystem nach fairen Wegen, das Versäumte nachzuholen.

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